HHP 2005-12-24 GG


"Guter Zugang zu Hermann Hesse"

Rezension von Michael Limbergs diesjähriger Buchveröffentlichung in

Der Bund
Kultur 13

Mittwoch, 14. Dezember 2005

 

«Basis-Biographien» heisst die Taschenbuchreihe des Suhrkamp Verlags, und die kürzlich erschienene Nr. 1 (sb1) zeigt anhand von Hermann Hesse, seit seinem «Oder sollen wir zusammen einen neuen Verlag anfangen» von 1950 an Peter Suhrkamp der unumstrittene Primus inter Pares des Hauses, wie es gemeint ist.  Im ersten Teil zeichnet der Verfasser, Michael Limberg, Hesses Leben auf knappe, aber präzise und niemals summarische Weise nach.  Dabei wird einem gerade in der Gerafftheit der Schilderung das allmähliche Erwachen von Hesses literarischem Talent (er schrieb zuerst Gedichte und begann Rezensionen zu publizieren, weil er für eine Italienreise Geld brauchte), die Entwicklung bis hin zum viel gelesenen Autor und der allmähliche Rückzug in die Stille (das am Vortag seines Todes entstandene Gedicht «Knarren eines geknickten Astes» ist diesbezüglich der mit dem Tod versöhnte Endpunkt) ganz besonders intensiv bewusst.  Auch das familiäre und freundschaftliche Beziehungsnetz tritt in einer Reihe knapper, träfer Porträts von schöner Sachlichkeit und Lebendigkeit plastisch hervor.  Wobei der ersten Frau, Maria Bernoulli, und der unglücklichen Ruth Wenger ebenso Gerechtigkeit widerfährt wie Ninon Dolbin, die für den späten Hermann Hesse ein wirklicher Glücksfall war.

 

Die eigentlichen Highlights des Buches aber sind die knappen Werkanalysen im zweiten Teil – die tatsächlich als Basismaterial für Schüler geeignet sind, aber durchaus auch für ältere Semester zu einer Vertiefung des Wissens beitragen können, sowie die kurze Rezeptionsgeschichte, die auch Hesses Vereinnahmung durch die Rock-Szene thematisiert und zeigt, wie junge Menschen in aller Welt denjenigen immer wieder unrecht geben, die Hesse zum «Leitfossil einer ganzen Epoche» abstempeln wollten. (li)

 



Quelle: M. Limberg