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Peaceguy
(stranger )
06/13/02 09:55 AM
62.180.173.8
H. Hesse: Der Steppenwolf --> Wichtig! Hilfe! Reply to this post

Hallo!
Ich bin ein verzweifelter SchŽler der 11. Klasse eines bayerischen Gymnasiums, der in einem Hausaufsatz ein mir nicht verst’ndliches Thema bearbeiten muss. Wir haben als LektŽre den Steppenwolf von Hesse gelesen, und nun mŽssen wir eine literarische ErÝrterung zu diesem Thema schreiben:
"Ich wŽrde Bedenken tragen, sie [gemeint sind Hallers Aufzeichnungen] anderen mitzuteilen, wenn ich in ihnen blo‹ die pathologischen Phantasien eines einzelnen, eines armen GemŽtskranken sehen wŽrde. Ich sehe in ihnen aber etwas mehr, ein Dokument der Zeit, denn Hallers Seelenkrankheit ist - das wei‹ ich heute - nicht die Schrulle eines einelnen, sondern die Krankheit der Zeit selbst, die Neurose jener Generation, welcher Haller angehÝrt, und von welcher keineswegs nur die schwachen und minderwertigen Individuen befallen scheinen, sondern gerade die starken, geistigsten, begabtesten.
(aus dem Vorwort des Herausgebers)

Belegen Sie die in dem Zitat aufgestellte These, dass "gerade die (S)tarken, (G)eistigsten, (B)egabtesten von [der] Krankheit der Zeit" befallen werden, anhand geeigneter Textstellen des Romans.

Ich habe zwar das Buch gelesen, aber ich finde einfach nicht den Zugang und die Zitate, mit denen ich einen vernŽnftigen Aufsatz schreiben kÝnnte. KÝnntet ihr mir helfen? Ich will keinen kompletten Aufsatz (obwohl ich mich darŽber freuen wŽrde), aber bitte mÝglichst viele Argumente, Zitate und Textstellen.òbrigens arbeite ich mit der Sonderausgabe vom Suhrkamp Verlag, falls es euch interessiert.
Danke,

Peaceguy




Anonymous
(Unregistered)
06/14/02 02:04 AM
217.3.160.76
Re: H. Hesse: Der Steppenwolf --> Wichtig! Hilfe! new [re: Peaceguy]Reply to this post

Lieber Peaceguy,
ich schreibe dir mal die Textstellen auf, die ich mir selbst als bemerkenswert angestrichen habe und ich als passend fŽr dein Thema finde. Es ist bestimmt nicht erschÝpfend:
S 16 f (noch Vorwort): "In dieser Periode kam mir mehr und mehr zum Bewu‹tsein, da‹ die Krankheit dieses Leidenden nicht auf irgendwelchen M’ngeln seiner Natur beruhe, sondern im Gegenteil nur auf dem nicht zur Harmonie gelangten gro‹en Reichtum seiner Gaben und Kr’fte. ... Genie des Leidens ... durch und durch Christ ..., da‹ er jede Sch’rfe und Kritik, ... vor allem und zuerst auf sich selbst loslie‹." H.H. sucht die Fehler in sich, will die Schuld und Verantwortung nicht auf andere schieben. Auf der Ebene des Individuums soll die LÝsung gesucht werden. S. 18 Hohe ethische Haltung der N’chstenliebe nur mÝglich, wenn man in sich im Reinen ist = Selbstliebe. H.H. will nichts vort’uschen, was er nicht ist und sein kann. Er fŽhlt den Unfrieden in sich so stark, dass er nicht das nach au‹en friedliche erscheinende Leben der Gesellschaft mitleben kann. Trotzdem: S. 24 H.H. freut sich Žber PŽnktlichkeit des Herausgebers. Nur jemand, der von Herz und Verstand au‹ergewÝhnlich weit entwickelt ist, kann die tiefen Zusammenh’nge und auch WidersprŽche des Lebens erahnen. Dieses Erkennen der WidersprŽche, der Diskrepanzen zwischen dem, was als gut befunden wird, und dem , wie letztlich gehandelt wird, fŽhrt zur Verzweiflung. Am schlimmsten ist es dann, wenn man dann bemerkt, dass diese WidersprŽche auch in einem selbst vorliegen. Es ist ein Kampf zwischen Herz und Verstand. Das hohe Ziel liegt darin, hier Harmonie reinzubringen.
S. 37: "... Gedanken, gezeichnet und durchtr’nkt ist von der Not der Einsamen, von der Problematik des Menschseins, von der Sehnsucht nach einer neuen Sinngebung fŽr das sinnlos gewordene Menschleben." H. H. macht sich ganz viele Gedanken, um den Sinn des Lebens. Die Sinnfrage stellt nur ein gereifter Geist, der bereits viele Erfahrungen durchschritten hat. Man kommt zur Sinnfrage auch erst, wenn man ganz viele Frage immer wieder bis zum Ende verfolgt. Er stellt immer wieder in Frage. Nur so erlang man neue Einsichten. Deswegen hei‹t das Magische Theater auch anarchistische Abendunterhaltung. In der Anarchie darf es keine Dogmen, Regeln etc. geben. Auf jeden Fall ist es nicht der Weg der bequemen Masse, was ja auf innere St’rke hindeutet. Es ist die Bereitschaft fŽr das eigene Sein, die eigene PersÝnlichkeit jeden Schmerz und auch die Einsamkeit in Kauf zu nehmen. Das spricht fŽr seine St’rke. Man sieht, dass in der Gesellschaft die Werte, die gepriesen werden, nicht wirklich gelebt werden. Das geht ja schon vielen von uns so. Aber wer besonders aufrichtig ist, merkt, dass die gleiche Diskrepanzen auch in ihm selbst vorliegen. Das fŽhrt zur innere Verzweiflung, man spŽrt das Gute, aber auch das BÝse in sich, erkennt es ehrlich, gesteht es ein. Wie soll man dies vereinen? Hierzu, gehÝrt zwar nicht zum Thema, S. 72 f.
S. 76 "Und wenn in besonders begabten und zart organisierten Menschenseelen die Ahnung ihrer Vielsp’ltigkeit aufd’mmert, wenn sie, wie jedes Genie, den Wahn der PersÝnlichkeitseinheit durchbrechen (Anm.: Man ist nicht nur gut oder nur bÝse)...., und alsbald sperrt die Majorit’t sie ein, ruft die Wissenschaft zu Hilfe ..."
S. 85 " Ein Mensch, der f’hig ist, Buddha zu begreifen, .... , sollte nicht in einer Welt leben, in welcher common sense, Demokratie und bŽrgerliche Bildung herrschen."
S. 151: "Ich habe ein paarmal die Meinung ge’u‹ert, jedes Volk und sogar jeder einzelne Mensche mŽsse, statt sich mit verlogenen politischen `Schuldfragen` in Schlummer zu wiegen, bei sich selber nachforschen, wie weit es selbst durch Fehler, Vers’umnisse und Žble Gewohnheiten mit am Kriege und an allem anderen Weltelend schuldig sei, das sei der einzige Weg, um den n’chsten Krieg vielleicht zu vermeiden..." Diesen Weg geht der Steppenwolf und bringt die verschiedenen Seiten in ihm auf. Das bringt die Krankheit, den Wahnsinn.
Ab S. 198: Suche nach der Ewigkeit und Unsterblichkeit - Bezug zu Mozart und Goethe (anerkannte Genies) - H. H. sieht in der Unsterblichkeit die òberwindung der WidersprŽche (Mann, Frau, jung, alt), das ist Mystik.

Letztlich ist es die Sehnsucht nach der Einheit, die Ewigkeit, die H.H. am Leben h’lt und ihm Hoffnung gibt. Diese Vision ist eine sehr intuitive, der Ration nicht unbedingt zug’nglich. Trotzdem baut H. H. sein Leben darauf auf, geht durch alles Leid und alle Widerst’nde, um diese Vision in sein Leben zu bringen. Wenn das nicht mutig und stark ist. Obwohl es sich ja so zeigt, dass der Steppenwolf gar nicht anders kann. Vielleicht f’nde er es viel schÝner, wenn er einfach und normal leben kÝnnte. Aber seine innere Veranlagung verwehrt es ihm. Es bleibt ihm gar nichts anderes Žbrig, er kann es nicht unterdrŽcken. Er kÝnnte sich allenfalls das Leben genommen haben, aber das glaubt der Herausgeber eigentlich nicht. Das w’re dann als Schw’che anzusehen.

Mehr Zeit habe ich nicht, um noch mehr herauszufinden, aber vielleicht ist es eine kleine Hilfe, viel GlŽck.




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